Blog Buchmesse 24

Und was jetzt?

© Johanna Bashcke

Im Zug zurück von Leipzig nach Amsterdam, abermals mit vielen MitarbeiterInnen vom Nederlands Letterenfonds und anderen Büchermenschen: Alle sehen erschöpft und glücklich aus. Der Gastlandauftritt war ein großer Erfolg und ein wahrlich beeindruckendes Event.
Gestern Abend, der letzte Abend mit Programm, wurden alle Mitwirkenden auf die Bühne gebeten. Nun ist die Schaubühne Lindenfels nicht klein, bot aber trotzdem kaum genügend Platz. So viele Leute haben sich um so viel gekümmert, und zwar seit über zwei Jahren, allen voran das fantastische Gastlandteam: Mireille Berman, Paul Hermans, Diego Rodriguez, Jan Steinz und Hanna Otte. Und natürlich die Kuratorinnen Bettina Baltschev und Margot Dijkgraaf, ein wunderbares Duo. Duos sind eh eine sehr gute Idee!

„Alles außer Hass“ lautete das Thema der letzten Veranstaltung, auf der viele „Leipzig-AutorInnen“ (Lisa Weeda, Domenico Müllensiefen, Simone Atangana Bekono, Martina Hefter, Gijs Wilbrink, Rebecca Maria Salentin, John Sauter, Lize Spit) kurze Texte vorlasen, die ihnen am Herzen liegen.

Den Anfang machte Lisa Weeda mit einem großartigen Gedicht aus dem Band „Republik der Taubheit“ des ukrainisch-amerikanischen Dichters Ilya Kaminsky, der von Anja Kampmann ins Deutsche übersetzt wurde. Lisa schenkte mir den Band und ich – keine richtige Lyrik-Leserin – bin mir sicher, dass ich ihn mehrmals lesen werde.
Die Autorin und Performancekünstlerin Martina Hefter las ein Gedicht der unlängst verstorbenen Dichterin Elke Erb vor. Und ein Fragment aus einem meiner Lieblingsbücher, „Die Wand“ von Marlene Haushofer. Ich habe noch nicht oft jemanden dermaßen gut und glaubwürdig vortragen hören, es grenzte an Magie.

Wir hörten Wolfgang Hilbig, Tobi Lakmaker, Alexander Puschkin, Agota Kristof, Paul van Ostaijen, Rebecca Solnit und andere. Mir fiel wieder auf, wie schön es ist, vorgelesen zu bekommen. Damit ließe sich doch bestimmt viel mehr machen, ich sehe Literatur-Abende im Amsterdamer Planetarium vor mir: „Stimmen im Dunkeln“. Und vielleicht fände ich es gut, wenn die Texte dort anonym vorgelesen werden, dann ist das Zuhören noch offener. So eine Messe inspiriert …
Vera Marijt spielte zwei Stücke und ich hätte mir gern ein ganzes Konzert der jungen Pianistin und Komponistin angehört, das kommt bestimmt noch.

Die bunte und reiche Mischung des letzten Abends kennzeichnete den gesamten Gastlandauftritt. Es gab so viel zu sehen und zu hören! Literatur in ihrer ganzen Bandbreite. Da war ein Leseatelier, in dem Anna Eble und Matthijs de Ridder das Publikum einluden, gemeinsam das einzige Gedicht der Welt, das aussieht wie ein Zirkusplakat, nämlich „Großer Zirkus“ aus Paul van Ostaijens Dichtbündel „Besetzte Stadt“ zu lesen. Das zweisprachige Lyrikmagazin TRIMARAN wurde vorgestellt und ein Poem-Booth schrieb Gedichte, wenn man sich vor einen Spiegel stellte.
Es gab aber nicht nur Literatur! Da waren Ausstellungen: Eine zum Buch „Hölle und Paradies. Amsterdam, Querido und die deutsche Exilliteratur“ von Bettina Baltschev, eine von Florian Tilanus zu seinem literarischen Berliner Bilderbuch „Wie es ist“, übersetzt von Christiane Kuby und Herbert Post. Und die Ausstellung „Schön mich kennenzulernen. Comic und Autobiografie“ zeigte die Werke verschiedener Graphic-Novel-KünstlerInnen.

Damit nicht genug wurden auch Filme aus den Niederlanden und Flandern gezeigt. Vor allem die Verfilmung von Lize Spits Bestseller „Und es schmilzt“ mit anschließendem Gespräch mit der Autorin wurde mehr als gut besucht. Wobei das eigentlich für alle Veranstaltungen galt: Überall, wirklich überall war es brechend voll.
Was der Nederlands Letterenfonds, Flanders Literature und ihre Partner da auf die Beine gestellt haben ist mehr als beeindruckend. Und die Leipziger machen eben so gut mit, diese Messe ist einfach was Besonderes.

Aber was jetzt? Überbieten lässt sich das hier kaum. Wie geht es jetzt weiter? Was kann jetzt noch kommen?
Ehrlich gesagt: Mir fällt da absolut nichts ein, aber ich bin auch hundemüde und tausende Gedanken schwirren mir durch den Kopf. Wahrscheinlich wissen die MitarbeiterInnen der beiden Literaturstiftungen es ganz genau.

Wenn ich es trotzdem versuche: Den Erfolg festhalten und versuchen, auch im nächsten Jahr mit Mini-Delegation zur Leipziger Buchmesse zu fahren? AutorInnen möglichst oft in Deutschland und natürlich auch in anderen Ländern auftreten lassen? Neue Talente weiterhin fördern, klar.
Damit unsere Welt größer und schöner wird. Das kann Literatur nämlich, das kann Kunst.

© Johanna Bashcke

Eine Veranstaltung des Gastlandes Niederlande/Flandern bei der Leipziger Buchmesse 2024

© Johanna Bashcke