
Leon de Winter © Paul Tolenaar
In Bloemendaal, unweit von Amsterdam, traf unsere Moderatorin Bettina Baltschev den niederländischen Schriftsteller Leon de Winter, von dem bei Diogenes vor Kurzem sein neuester Roman Stadt der Hunde erschienen ist – die mittlerweile 13. Veröffentlichung in diesem Verlag! Der ebenso produktive wie preisgekrönte Autor wurde 1954 in ‘s-Hertogenbosch als Sohn orthodoxer Juden geboren, die den Holocaust in einem Versteck überlebten, und verlor bereits als Elfjähriger seinen Vater. Er erzählt, dass ihn dieses Erlebnis zum Geschichtenerfinden und zum Schreiben brachte und seine Literatur bis heute beeinflusse. „Das Verschwinden von Leuten, die man liebt, ist schon sehr früh Teil meines Lebens geworden“, berichtet er zu Beginn des Gesprächs. Und so handelt auch sein neuer Roman von dem Verlust eines geliebten Menschen in einem jüdisch geprägten Umfeld.
Der renommierte Gehirnchirurg Jaap Hollander ist im Ruhestand, aber Ruhe findet er nicht. Seit seine Tochter Lea vor zehn Jahren in Israel verschwunden ist, kehrt er jedes Jahr nach Tel Aviv und in die Wüste Negev zurück, wo Lea sich auf der Suche nach den Wurzeln ihres jüdischen Glaubens zuletzt aufhielt. Jaap, der sich als „schlechten Vater“ bezeichnet und mit seiner Religion wenig anfangen kann, scheint durch eine ungewöhnliche Anfrage des israelischen Ministerpräsidenten auf einmal die Chance zu bekommen, dies wieder gut zu machen und die aufwändige Suche nach neuen Spuren zu seiner Tochter zu finanzieren. Durch eine riskante Gehirnoperation soll er die Tochter des saudischen Königs – und damit sogar den Weltfrieden – retten, ein nahezu filmreifer Stoff. „Die Prinzessin musste am Leben bleiben, schwor er sich. Seine Prinzessin war in einer Unterwelt aus Stein verloren gegangen, aber diese Prinzessin musste eine Zukunft haben.“
Leon de Winter, der nach der Schule zunächst an der Filmakademie studierte, erzählt, dass er vor dem Schreiben als erstes in Bildern denke, „erst dann kommen die Worte“. Im Laufe der Handlung spielt auch ein Hund eine zentrale Rolle, und der Autor offenbart, dass diese Tiere für ihn „etwas Magisches“ haben, und dass er „vollkommen besessen von der Liebe für Hunde“ sei. Über 18 Jahre war die Hündin Senta Teil seiner Familie und er vermisse sie jeden Tag. Und wie sieht es mit den Kaffeegewohnheiten aus? Auf der Frage, ob er Kaffee liebe und zum Schreiben benötige, antwortet er: „Ja absolut! Es ist natürlich das Erste, was ich tue, wenn ich aufwache – und dann mache ich zwei Kaffees für meine Frau und mich!“
Kopje Koffie. Der niederländisch-flämische Bücherpodcast
von der Niederländischen Botschaft in Berlin und der Niederländischen Stiftung für Literatur in Amsterdam in Kooperation mit Flanders Literature Antwerpen und der Vertretung von Flandern.
Episode #35
mit Leon de Winter, Bettina Baltschev (Moderation) und Matthias Friedrich (Textlesung).
Produktion
ARTEFAKT Kulturkonzepte im Auftrag der Niederländischen Botschaft, Berlin © 2025
Werk & Autor
Leon de Winter: Stadt der Hunde. Übersetzung von Stefanie Schäfer. Diogenes. 272 Seiten. 26,00 €. ISBN 978-3-257-07281-5. Erscheinungstermin: 22.01.2025.
Informationen des Diogenes Verlags zu Leon de Winter.

Leon de Winter © Paul Tolenaar