Gastland 24

Alles außer flach!

 

Wenn die Welt sich verändert, verändert sich die Literatur. Selten wurde uns das so deutlich vor Augen geführt wie in den vergangenen Jahren. Klimakrise, Überkonsum, Geflüchtete weltweit und Krieg in Europa. Sie berühren die Belletristik, das Kinderbuch und die Lyrik. Sie spiegeln sich im Essay und in den Künsten. Debatten über das Nachwirken von Sklaverei und Kolonialismus, über Rassismus und Diskriminierung schlagen hohe Wellen. Und auch die Geschlechteridentität ist ein Thema, das Kunstschaffende in ihren Arbeiten erforschen. All das manifestiert sich in der aktuellen niederländischen und flämischen Literatur. Denn sie ist: alles außer flach!

Hier werden literarische Gipfel erklommen. Hier läutet der Roman die Alarmglocke für das Klima. Die Poesie hinterfragt Herkunft und Körperlichkeit. Der Essay kritisiert den Krieg und besinnt sich auf die Gefahren, denen die Demokratie ausgesetzt ist. Vergessene Stimmen – Frauen, deren Rolle im öffentlichen Leben lange ignoriert wurde, Nachfahren versklavter Menschen – erklingen aus den Tiefen der Geschichte. Sie sprechen heute laut und klar zu den Leser:innen der Gegenwart.

Wenn die Literatur sich verändert, verändert sich die Welt. Die Gedankenfreiheit wächst. Lesende erkennen, dass die Welt sich ständig wandelt. Kunstbetrachtende sehen, dass nichts gleichbleibt. Die Globalisierung ist kein Status quo mehr, das Wirtschaftswachstum wird in Frage gestellt. Unsere Sprache fungiert bei all diesen Prozessen als Antenne.

Sie ist sensibel austariert und empfänglich für die feinsten Lautverschiebungen. 2023 und 2024 wollen Autor:innen und Künstler:innen aus den „flachen Ländern“ mit ihren deutschen Kolleg:innen und mit Ihnen, dem Publikum, über diese Themen diskutieren. Sie wollen sich mit den großen Fragen unserer Zeit befassen, und zwar in vielfältigen Formen. Neben klassischen Lesungen und Vorträgen wird Literatur mit Musik und Installationen präsentiert. Es werden deutsch-niederländisch-flämische Gespräche, Briefwechsel, Podcasts, Auftritte auf Bühnen und anderswo zu erleben sein. Tiefgründig und ernst, aber auch humorvoll, fröhlich, ausgelassen. 

Wir freuen uns auf unseren literarischen Gastlandauftritt 2024 in Leipzig. In der Stadt, deren Bürger:innen 1989 mutig ihre Freiheit eingefordert haben. Seitdem ist die Welt komplizierter und komplexer geworden. Aber sie ist immer noch lebendig, spannend und turbulent. Die Literatur aus den Niederlanden und Flandern zeigt das eindringlich.

Denn sie ist: alles außer flach!

 

Bettina Baltschev & Margot Dijkgraaf
Kuratorinnen des Gastlandprogramms Niederlande & Flandern 2024

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